Lesung von Franz Keller in der Ochsen Post in Tiefenbronn
- Frank Scholz
- 30. August 2020
Am Freitag Abend hatten sich fünf Kochbrüder der Chuchi Reuchlin Pforzheim, mit Damen und Gästen, zur Lesung von Franz Keller in der ausgebuchten Ochsen Post bei Theo Jost angemeldet.
Der Abend begann bei frischen Temperaturen mit einem Aperitif im Garten. So langsam trudelten die Gäste ein und belegten die Tische unter den vorsorglich aufgespannten Sonnenschirmen.
Franz Keller begann nach einer kurzen Begrüßung mit seiner Lesung aus seinem aktuellen Buch "Ab in die Küche! Wie wir die Kontrolle über unsere Ernährung zurückgewinnen.".
Wie schon in "Vom Einfachen das Beste: Essen ist Politik oder Warum ich Bauer werden musste, um den perfekten Genuss zu finden" prangert Franz Keller hier nun noch verstärkt eine lobbygesteuerte und fehlgeleitete Agrarpolitik und die nur noch am Gewinn orientierte Lebensmittelindustrie an. Und fordert folgerichtig eine Abkehr von Fast-Food und Convenience-Lebensmitteln und eben ein echtes Zurück in die Küche: "Schluss mit Fake Food! Wir müssen zurück zu einer authentischen Ernährung!".
Die Lesung ging vielleicht zwanzig, fünfundzwanzig Minuten und umfasste Auszüge aus den ersten Kapiteln des Buches. Immer mal wieder unterbrochen von persönlichen Anmerkungen und dem einen oder anderen Nippen am Rosé-Glas.
Leider war selbst das den zwei Damen neben uns noch zu lange bzw. zu langweilig und sie störten durch ihre Unterhaltung und unpassenden Zwischenrufe. Aber Anstand und Höflichkeit lassen sich nun mal nicht mit Geld erwerben.
Während Franz Keller noch seine Bücher signierte, strömte die Mehrheit ins Warme und Behagliche der Bauernstuben. Für uns war eine schöne Tafel in einem eigenen Abteil gedeckt.
Das Amuse - ein Stück Presskopf mit einer Olive und einem Dip aus Frankfurter Grie Soß - stand schon bereit. Die Weine des Weinguts Franz Keller aus Oberbergen im Kaiserstuhl waren inkludiert und der aufmerksame Service sorgte für einen steten Fluss und ließ die Gläser nur selten leer werden.
Die erste Vorspeise - eine Terrine von Gänseleber und Schweinebäckle - ließ in mehrfacher Hinsicht Großes erahnen. Ausdrucksstark und pointiert durch die Backe, mit deutlichen Trüffelakzenten und cremiger Gänseleber, ein toller Einstieg. Und die Portion war natürlich auch eine klare Ansage.
Das dann folgende Ochsenschwanzsüppchen glänzte ebenfalls mit heftigem Wumms. Der auch dazu gereichte Chardonay hielt aber gut dagegen.
Als erster Zwischengang folgte ein Bachsaibling auf cremigem Lauchgemüse. Unprätentiös, à la pointe, ein gaumenschmeichelnder Gang mit einem makellosen Produkt. Hierzu wurde ein - meiner Meinung nach etwas abflachender - Weißburgunder gereicht.
Aber dann der zweite Zwischengang - Franz Kellers Lyoner Wurst vom Falkenhof auf lauwarmem Alblinsensalat, abgeschmeckt mit einer Balsamico Reduktion. Der säurebetonte Saignée Rosé - solo führte er eher zu hochgezogenen Augenbrauen und angespannten Mundwinkeln - harmonierte mit den Linsen perfekt.
Ob die Wurst nun eine "Lyoner" war, darüber wurde man mit dem am Tisch sitzenden Metzgermeister nicht einig. Unbestritten war aber deren geschmackliche Qualität. Ein großartiger Gang - ganz nach der Maxime "Vom Einfachen das Beste"!
Das ins Weckglas dressierte Limonensorbet was schneller gelöffelt als man fotografieren konnte und bereitete den Weg für den Hauptgang.
Filet von der Färse, in Ruhe gereift im hauseigenen Reifeschrank der Ochsen Post, mit etwas Bohnengemüse und Kartoffelgratin. Und einer mit Mark überbordenden Sauce Bordelaise. Ein schönes Fleisch, eine großartige Sauce, toller Geschmack, ein perfekter Teller - der eingeschenkte badische Spätburgunder hatte es da nicht leicht.
Den Abschluss bildete ein mit Winzersekt aufgegossenes Beerensüppchen, dazu eine Kugel Vanilleeis. Fruchtig und schön leicht, ein großartiger Abschluss.
Franz Keller kam als zwischen den Gängen zu einem kleinen Plausch am Tisch vorbei. Vielleicht machen wir ja mal einen Chuchi-Ausflug zu seinem Falkenhof im Taunus.
Zum Abschied gab es noch ein Glas Presskopf und ein kleines Holzofenbrot auf den Nachhauseweg, so bleibt der Abend auch noch etwas länger in Erinnerung.
Persönlich hätte ich mir vielleicht ein durch einzelne Lese-Episoden aufgelockertes Menü gewünscht. Aber das war durch die Aufteilung in die verschiedenen Räumlichkeiten natürlich nicht möglich.
Auf jeden Fall eine sehr schöne Veranstaltung und ein Format, das hoffentlich eine Fortführung findet.