Ein Picknick der Extraklasse!
- Frank Scholz
- 2. Mai 2021
Als kulinarischer Mensch, genussaffin und gesellig, ist man momentan ja ein klein wenig gekniffen.
Klar kocht man weiterhin selbst oder ordert sich bei der hiesigen Gastronomie ein Menü zum daheim zusammenbasteln. Aber das gemeinsame Kochen mit Freunden, in der Chuchi oder den atmosphärischen Restaurantbesuch, den Plausch mit Küche und Service, dies wird damit natürlich nur bedingt ersetzt.
In dieser Tristesse kann man dann schon mal auf die verwegene Idee kommen und seiner Frau einen Ausflug vorschlagen. Natürlich mit Picknick, es hat ja alles zu.
Um die hochgezogene Augenbraue meiner Frau nun richtig zu deuten, muss man wissen, daß ich jetzt nicht so der passionierte Wanderer bin. Insbesondere konnte ich dem Konzept des “Laufa, daß halt g’laufa bisch” noch nie viel abgewinnen. Ein interessantes Ziel, z.B. ein Weingut, idealerweise mit Besen, oder eine Schwarzwälder Einkehrhütte lassen An- und Abmarsch doch gleich bedeutend attraktiver - und vor allem auch bedeutend sinnvoller - erscheinen.
Die Wahl fiel schnell - nicht nur wegen der vielversprechenden Wetteraussichten - auf die Südpfalz. Denn bei der Ausflugsplanung stieß ich auf das Verum.
Dessen Betreiber - Laura und Ferdinand - haben sich in Räume auf dem Wilhelmshof eingepachtet, um nach einer beeindruckenden Vita hier in der Südpfalz ihr eigenes Restaurant in 2021 zu eröffnen.
Das Wilhelmshof Wein- und Sektgut kenne ich schon eine Weile, u.a. waren Sekte für meine Maître de Chuchi und Grand-Maître de Chuchi Prüfung von dort. Deren Muskateller demi-sec zu einem fruchtigen Dessert ist schon Weltklasse! Und das Ploppen einer Magnum Blanc de Noir lässt den Stress so einer Prüfung quasi direkt von einem abfallen.
Aber zurück zum Verum. Dort wurde letztes Wochenende eine “Picknick-Box” angeboten. Ich habe das mit Absicht mal in Hochkomma gesetzt, denn mit Lewwerworscht, Brot und Vesperbrett hat das nicht viel gemein.
Die Ankündigung las sich äußerst vielversprechend und die Option beim Wilhelmshof vorbeizuschauen tat sein Übriges dazu. Und flugs wurden zwei Boxen zur Abholung bestellt.
Bei strahlendem Sonnenschein durften wir diese dann am Samstag übernehmen. Und auch beim Weingut ein kleines Ensemble erstehen, einige Flaschen davon bereits gut durchgekühlt.
Laura und Ferdinand hatten die Gerichte in viele kleine Gläser und kleine Kartons gefüllt und gepackt. Alles war entsprechend der Gangzahl nummeriert und akkurat in einem handlichen Karton gestapelt. Dazu gab es noch als Überraschung einen Käsegang extra.
Nach einem kurzen Plausch machten wir uns in Richtung Burg Neukastell auf, um uns beim Spaziergang durch die Weinberge und mit dem Aufstieg zur Burg das Essen auch zu Verdienen.
Und wurden mit einem großartigen Ausblick in die Rheinebene belohnt.
Wie es der Zufall so wollte, kamen wir an einer wunderschönen Stelle mit zwei Bänken, mit Kirschbaum und Aussicht vorbei. Unter Normalbedingungen hätten wir da wohl nie einen Platz bekommen, denn nicht weit entfernt befindet sich ein Ausflugslokal mit Biergarten und vermutlich wäre hier alles zugeparkt.
Aber so konnten wir in Ruhe den Tisch eindecken, die Boxen entpacken und deren Inhalt sortieren.
Der Korken verließ gesittet die Weißburgunder Sekt-Flasche und das Fest war eröffnet.
Und auch die Fragerunde der anderen Ausflügler, die sich sehr, sehr gerne zu uns gesellt hätten.
Gestartet wurde mit einem niedlichen Pain d’Epi und etwas Café de Paris Butter.
Dem folgte eine Création aus Zweierlei von der Foie gras, mit Dörrkirsche, Nuss und Brioche!
Und wir waren geflashed. Einfach grandios! Das auf einem Teller zu schicken - verteilt und in den richtigen Proportionen, in der wohltemperierten Umgebung des Restaurants - ist schon groß, aber so perfekt in einem einzigen Glas - das ist ganz schön großes Kino!
Und es ging gerade so weiter!
Der nächste Gang war weißer und grüner Spargel mit Lachsforelle aus dem Eußerthal, keine 10km entfernt. Auch dieses Glas war ein Kunstwerk für sich - Crème vom weißen Spargel, Crème vom grünen Spargel, darüber ein Ragout von Spargelscheiben und getoppt mit der leicht geflammten Lachsforelle und marinierten Spargelspitzen mit Kräutern. Der dazu gewählte graue Burgunder aus dem Muschelkalk wusste sich definitiv zu behaupten.
Als Hauptgang waren zwei Gläser und eine kleine Box vorgesehen.
In der Box befand sich ein Kleinod von einer Tartelette, mit gezupftem Rindfleisch vom Weingut Odinthal, dekoriert mit gelierten Consomméwürfeln, Senfkaviar und Dillspitzen.
Im ersten Glas war als Basis eine Vichysoisse, darauf wieder kleinteiliges Rindfleisch, bedeckt von einer Schicht Demi-Glace. Und oben drauf dann dünne Kartoffelscheiben, ein Würfel geräucherter Fisch und Kapern “Nonpareilles”.
Das zweite Glas - eigentlich noch schöner anzusehen - beinhaltete eine leichte Kräutercrème, bedeckt von eingelegtem Gemüse und Majoran.
Hierzu hatten wir uns für einen Spätburgunder Muschelkalk entschieden, wieder aus der Einzellage Siebeldinger im Sonnenschein. Kein Wein für die Parkbank, aber mehr als genügend Charakter für einen grandiosen Hauptgang in der Abendsonne.
Danach der eingeschobene Käsegang - zwei Stück Heublumenkäse mit einem sehr aromatischen Rhabarber-Erdbeer-Basilikum Chutney. Man merkte deutlich, daß in der Südpfalz der Frühling schon etwas früher angekommen ist.
Die Bezeichnung “Schichtdessert” trifft zwar rein formal auf den letzten Gang zu, wird dieser Komposition im Glas allerdings nur ansatzweise gerecht.
Optisch und geschmacklich ein Traum, der versonnen in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne genossen wurde.
Zum Schluss blieb dann noch eine weitere kleine Box übrig.
In dieser verbarg sich die Ménagerie de la pâtisserie - die Petits Fours.
Hach! Die funkelnde Praline war gefüllt mit einer Kaffeeganache, dazu gesellten sich eine kleine Haselnusskugel, ein kleiner Windbeutel und auch noch ein Macaron mit einer Zartbitterganache.
Magnifique!
Herzlichen Dank an Lisa und Ferdinand für diesen wunderbaren Beitrag zu diesem außerordentlichen Tag! Und - nicht ganz uneigennützig - wünschen wir euch weiterhin viel Erfolg für dieses wahrlich großartige Restaurantprojekt.
Wir sind gespannt und freuen uns schon auf den nächsten Besuch!