202007 - Juli-Kochabend der Chuchi Reuchlin
- Frank Scholz
- 12. Juli 2020
Am 4. Juli 2020 wurde Eckart Witzigmann 79 Jahre alt. Als "Mutter aller Köche" wird er respektvoll bezeichnet, waren doch unzählige Sterneköche in Deutschland seine "Witzigmann-Schüler".
Für Franks Menü an unserem Kochabend am 7. Juli bot es sich daher an, dieses als kleine Hommage an ihn zu konzipieren.
Die ausgesuchten Speisen waren verschiedene Highlights, mit denen er von 1971 bis 1993 die Gäste in seinem Restaurant "Aubergine" in München verwöhnte. In dem 1979 der "Koch des Jahrhunderts" Witzigmann weltweit als einer der ersten 3 Köche außerhalb Frankreichs, und damit auch das "Aubergine" als erstes Restaurant in Deutschland, mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Und in dem er diese Auszeichnung 24 Jahre, bis 1993 hielt!
Leider war der Ausflug der Chuchi Reuchlin nach München in ebendiese "Aubergine" lange vor der Zeit des Chronisten. Sehr gerne wäre er da mit dabei gewesen.
Allerlei aus der "Aubergine"
Wolfgang läutete den Abend ein mit einer Trilogie von der Aubergine - gebraten, geröstet und frittiert.
Es gab ein "Couscous mit Auberginenröllchen und Paprika-Coulis" nach Douce Steiner im Schälchen, "geröstete Auberginen mit Safranjoghurt" nach Ottolenghi auf dem Löffel und "frittierte Auberginenwürfel" am Spieß.
Insbesondere die "geröstete Auberginen mit Safranjoghurt" sind eine großartige Beilage für einen Grillabend oder passen dort auch gut als rein vegetarischer Gang.
Der trockene Crémant vom Pinot Noir aus der Bourgogne harmonierte mit den etwas "fetteren" Auberginen-Amuse perfekt.
Als erste Vorspeise hatten wir "Jakobsmuschel und Lachs im Frühlingsrollenteig". Georg hatte die Muscheln mit jeweils einer Schicht Zanderfarce, Basilikum und Räucherlachs umhüllt, in Frühlingsrollenteig eingeschlagen und zu einem Säckchen geformt. Diese wurden dann frittiert und mit gefüllten Morcheln und Bundkarotten angerichtet. Fantastisch!
Der fruchtige Entre-deux-Mers verlieh diesem und dem nächsten Gang gehörigen Aufwind!
Eine Flechtarbeit der besonderen Art folgte als zweite Vorspeise. Bernd III und Jörg hatten Streifen von Rotbarbe und Wolfbarsch miteinander verwoben, die so entstandenen Fischgeflechte kurz unter unserem neuen Salamander übergrillt und mit einer Weißweinsauce serviert. Dies war eindeutig mehr als nur ein Augenschmaus.
Selten gewordene Gaumenfreuden lieferte uns Bernd I bei seinem Zwischengang - "Kalbsbries mit grünem Spargel und Morcheln". Das Kalbsbries hatte er im Vorfeld gewässert und pariert, und am Abend Sous-vide vorgegart. Dann in Röschen gezupft und diese ganz kurz angebraten. Mit dem ebenfalls Sous-vide zubereiteten grünen Spargel, auf dessen Enden jeweils noch eine Morchel aufgesetzt war, kamen diese dann auf die Teller.
Der dazu gereichte Chardonay, wieder aus dem Burgund, hielt mit seiner äußerst dezenten Holznote sehr gut dagegen.
Als Hauptgang habe ich "Kalbskotelett mit 'Feinem vom Kalb' und Lauch" zubereitet. Ein Gang, über den ich immer noch rätsele, ob er als subtiler Affront gegenüber der Münchner Schickeria gedacht war oder daß dies damals in einem dreifach besternten Restaurant einfach normal war. Auf jeden Fall passt es heutzutage perfekt zum wieder auflebenden 'From nose to tail' Gedanken. Und das 'Feine vom Kalb' war ohne jeden Zweifel der Star auf dem Teller!
Ein eher dünn geschnittenes Kalbskotelett wird mit einem einzelnen Lauchblatt so ummantelt, daß dieses etwa zwei Zentimeter übersteht. In diese so gebildete Form kommt dann eine Füllung aus fein gewürfelten Kutteln, Kalbsschwanz-, Bries- und Lauchstückchen. Diese wurden vorher in einer aufwendigen Prozedur in Kalbs- und Gemüsefond gegart und sukzessive, um die einzelnen Garpunkte nicht zu überschreiten, zusammengefügt. Das Ganze wandert ein paar Minuten in den Ofen und wird mit gebratenen Lauchscheiben, in Rot- und Portwein pochierten Petersilienwurzelscheiben und einem Jus de veau serviert.
Der süffige Dogajolo von Carpineto aus der Toscana war ein perfekter Begleiter, der sich zum Gericht angenehm im Hintergrund hielt.
Das Dessert von Oli, ein pochierter Pfirsich mit Campari-Schaum und Vanille-Eis bildete den krönenden Abschluss.
Auch wenn die Gerichte vielleicht jetzt - 30, 40 Jahre später - in ihrer Optik etwas antiquiert wirken, so sind sie doch mit ihren Komponenten und in ihrer Komposition perfekt und finden sich sicherlich - dann vermutlich mit mehr Blättchen, Schäumchen und Tüpfchen - auch auf aktuellen Karten wieder.